Hintergrund

 

Die am 02.12.2022 im Bundestag zu debattierende Tagesstationäre Behandlung nach § 115e SGB V und Spezielle sektorengleiche Vergütung nach § 115f SGB V entlasten kein klinisches Personal. Sie zwingen Krankenhäuser aufgrund verringerter Vergütung zu Personaleinsparungen und teilweise zu Standortschließungen.

 

Die Ambulantisierungseffekte des geplanten Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG hat die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern im Rahmen ihrer Kampagne Krankenhäuser statt Ambulante Gesundheitszentren oder Fachkliniken ausführlich skizziert. Insbesondere im Flächenstaat Bayern wäre eine flächendeckende wohnortnahe klinische Versorgung einschließlich klinischer Notfallversorgung akut gefährdet. *1) Eine echte Entlastung der Krankenhäuser mit etwa 143.000 zusätzlichen Vollzeitkräften für die Behandlung der PatientInnen könnten Bundesgesundheitsminister Lauterbach und seine Regierungskommission stattdessen erreichen, wenn sie das Finanzierungskonzept Selbstkostenfinanzierung der Krankenhäuser des Bündnis Klinikrettung umsetzen würden. *2) Hierzu fordert die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern das Bundesgesundheitsministerium ausdrücklich auf.

 

*1) Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern: https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/

*2) Bündnis Klinikrettung: https://www.gemeingut.org/buendnis-klinikrettung-veroeffentlicht-studie-zur-selbstkostendeckung-als-alternative-zu-fallpauschalen/

 

Die Presse berichtet zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG

 

BibliomedManager

https://www.bibliomedmanager.de/news/bundestag-verabschiedet-lauterbachs-gesetz-omnibus

 

Zitat Bibliomedmanager

 

Tagesbehandlungen

 

Der Minister gibt den Kliniken mit diesem Gesetz die Möglichkeit, ursprünglich stationäre Leistungen ambulant zu erbringen und die Patienten am Abend nach Hause zu schicken. Etwa 140 Euro sollen dafür von der stationären Vergütung abgezogen werden, den Rest behält die Klinik. Wie attraktiv dieser Anreiz für Kliniken, Patienten und Kostenträger wirklich ist, dazu existieren viele Meinungen. Genaues wird wohl erst die Erfahrung zeigen, deshalb hat der Minister einen engen Evaluationsrahmen festgelegt.

 

Hybrid-DRGs 

 

Mit der im Koalitionsvertrag angekündigten Einführung der Hybrid-DRGs hat der Minister ein größeres Fass aufgemacht. Es geht um eine Neubewertung ambulanter Leistungen, die sowohl für niedergelassene Ärzte als auch Krankenhäuser attraktiver werden sollen. Einen Vergütungskatalog soll die Selbstverwaltung bis Ende März vorlegen, klappt das nicht, kann das Ministerium die Preistabelle festlegen. Die Hybrid-DRGs sollen dann schnell scharf geschaltet und ebenfalls engmaschig evaluiert werden.

 

Tagesschau.de berichtet

https://www.tagesschau.de/inland/bundestag-krankenhausreform-101.html

 

Bundestag beschließt "kleine" Krankenhausreform

Stand: 02.12.2022 16:41 Uhr

Entlastung für Pflegekräfte, mehr Geld für Kinderkliniken, weniger unnötige Übernachtungen: Der Bundestag hat ein Gesetzespaket zu Krankenhäusern beschlossen. Gesundheitsminister Lauterbach will kommende Woche weitere Pläne vorstellen. Der Bundestag hat ein Gesetzespaket zu Krankenhäusern beschlossen, das mehr Geld für Kinderkliniken und Entlastungen bei dringend benötigten Pflegekräften bringen soll. Die Neuregelungen zielen unter anderem darauf, Arbeitsbedingungen der oft stark belasteten Pflegekräfte zu verbessern. Dafür soll ein neues Instrument der Personalbemessung kommen - ausgehend von errechneten Idealbesetzungen für die Stationen.

 

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Vorgesehen ist auch, dass bestimmte Klinikuntersuchungen künftig als Tagesbehandlung ohne Übernachtung möglich sein sollen. Das soll auch mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal schaffen.

 

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Die Techniker Krankenkasse kritisierte, das Instrument löse kein einziges Problem in der Pflege - im Gegenteil. Vorstandschef Jens Baas sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Statt neuer Kolleginnen und Kollegen wird die geplante Pflegepersonalbemessung den Pflegekräften jede Menge zusätzlichen Bürokratieaufwand bescheren."

 

Große" Reform soll folgen

 

Das Ministerium sieht das Gesetzespaket als erste "kleine" Krankenhausreform - eine große will Lauterbach am kommenden Dienstag vorstellen.

 

Erklärtes Ziel: die "Überwindung" des generellen Finanzierungssystems über Pauschalen für Behandlungsfälle. Es habe sich mittlerweile so verselbstständigt, dass es zulasten der Qualität der Versorgung gehe, argumentierte Lauterbach bereits kürzlich.

Auszug Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG

 

 

§ 115e SGBV
Tagesstationäre Behandlung
(1) Zugelassene Krankenhäuser können n medizinisch geeigneten Fällen, wenn eine Indikation für eine stationäre somatische Behandlung vorliegt, mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten anstelle einer vollstationären Behandlung eine tagesstationäre Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus erbringen. Voraussetzung ist, dass die Behandlung einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus erfordert, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird. Leistungen nach den §§ 115b, 115f und 121, Leistungen, die auf der Grundlage der §§ 116, 116a, 117, 118a, 119 oder sonstiger Ermächtigungen ambulant erbracht werden können, nach § 116b ambulant erbringbare Leistungen, eintägige Behandlungen ohne Einweisung und Behandlungen in der Notaufnahme eines Krankenhauses können nicht als tagesstationäre Behandlung erbracht werden. Bei Versicherten, die einen Anspruch auf Leistungen nach § 37 haben, kann eine tagesstationäre Behandlung nicht erbracht wer-
den. Der Krankenhausträger stellt sicher, dass die notwendigen Leistungen nach § 39 Absatz 1 Satz 3 bei Bedarf jederzeit zur Verfügung stehen.
(2) Im Rahmen der tagesstationären Behandlung besteht ab dem Zeitpunkt der ersten Aufnahme im Krankenhaus kein Anspruch auf Fahrkosten nach § 60; ausgenommen sind Rettungsfahrten zum Krankenhaus nach § 60 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Krankenfahrten, die nach § 60 Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nr. 12 auch zu ambulanten Behandlungen übernahmefähig wären. Das Krankenhaus ist vpflichtet, die Patientinnen und Patienten hierauf gesondert und in geeigneter Weise hinzuweisen.
3) Die Abrechnung der tagesstationären Behandlung erfolgt mit den auf der Grundlage des Krankenhausentgeltgesetzes abrechenbaren Entgelten für vollstationäre Krankenhausleistungen, die für alle Benutzerinnen und Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen sind. Sofern Patientinnen und Patienten zwischen ihrer Aufnahme in das Krankenhaus und ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus für eine tagesstationäre Behandlung nicht über Nacht im Krankenhaus versorgt werden, ist für die nicht anfallenden Übernachtungskosten pauschal ein Abzug von den für den vollstationären Aufenthalt insgesamt berechneten Entgelten vorzunehmen, der 0,04 Bewertungsrelationen je betreffender Nacht entspricht, wobei der Abzug einen Anteil von 30 Prozent der Entgelte für den Aufenthalt insgesamt nicht überschreiten darf.  Bei Erbringung einer tagesstationären Behandlung ist eine Prüfung der Notwendigkeit von Übernachtungen von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus durch den Medizinischen Dienst nach § 275c während des Krankenhausaufenthalts nicht zulässig. Näheres oder Abweichendes zur
Berechnung der Entgelte und der Prüfung der Notwendigkeit von Übernachtungen durch den Medizinischen Dienst vereinbaren die Vertragsparteien nach § 17b Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes bis zum …
[einsetzen: 180. Tag nach Inkrafttreten gemäß Artikel 9 Absatz 1]. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 4 ganz oder teilweise nicht fristgerecht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ohne Antrag einer Vertragspartei innerhalb von sechs Wochen.
(4) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft vereinbaren bis zum … [einsetzen: 30. Tag nach Inkrafttreten gemäß Artikel 9 Absatz 1 die Anforderungen an die Dokumentation; dabei ist sicherzustellen, dass die tägliche Behandlungsdauer dokumentiert
wird. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht fristgerecht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ohne Antrag einer Vertragspartei innerhalb von sechs Wochen.

5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft legen dem Bundesministerium für Gesundheit zum 30. Juli 2023 und zum 30. Juli 2024 jeweils einen gemeinsamen Bericht über das Ausmaß der tagesstationären Behandlung und ihre Auswirkungen auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten einschließlich der finanziellen Auswirkungen vor. Die für den Bericht erforderlichen Daten
sind ihnen von den Krankenkassen, den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Krankenhäusern in anonymisierter Form zu übermitteln.

 

§ 115f
Spezielle sektorengleiche Vergütung, Verordnungsermächtigung
(1) Die Vertragsparteien nach § 115b Absatz 1 Satz 1 vereinbaren bis zum 31. März 2023
1. eine spezielle sektorengleiche Vergütung, die unabhängig davon erfolgt, ob die vergütete Leistung ambulant oder stationär erbracht wird, und 2. für welche der in dem nach § 115b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 vereinbarten Katalog genannten Leistungen die Vergütung nach Nummer 1 erfolgt. Die nach Satz 1 Nummer 1 vereinbarte Vergütung ist für jede nach Satz 1 Nummer 2 vereinbarte Leistung individuell als Fallpauschale zu kalkulieren. Unterschiede nach dem Schweregrad der Fälle sind dabei durch die Bildung von Stufen zu berücksichtigen. Bei der erstmaligen Kalkulation sind die für die jeweilige
Leistung im stationären und ambulanten Bereich für das zum Zeitpunkt der Kalkulation letzte Abrechnungsjahr gezahlten Vergütungsvolumina sowie die Anzahl der erbrachten Fälle zu berücksichtigen. Berücksichtigt werden können auch die jeweiligen Anteile der ambulanten und stationären Fälle an der Gesamtzahl der Fälle und die Kosten der ausschließlich stationären Behandlung. Spätestens ab dem Jahr 2026 ist die Fallpauschale auf Grundlage geeigneter empirischer Kostendaten des ambulanten und stationären Bereichs zu kalkulieren und anzupassen.
(2) Als Kriterien bei der Auswahl von Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sind insbesondere eine hohe Fallzahl im Krankenhaus, eine kurze Verweildauer und ein geringer klinischer Komplexitätsgrad zu berücksichtigen. Die Auswahl von Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist im Abstand von jeweils zwei Jahren zu überprüfen und, sofern erforderlich, anzupassen, erstmals spätestens bis zum 31. März 2025.

(3) Zur Erbringung der nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 vereinbarten oder durch Rechtsverordnung nach Absatz 4 bestimmten
Leistungen und zur Abrechnung der nach Absatz 1 Satz 2 kalkulierten Fallpauschale berechtigt sind die nach § 95 Absatz 1 Satz 1 sowie § 108 an der Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer, die die in § 115b Absatz 1 Satz 5 genannten Qualitätsvoraussetzungen erfüllen. Die Leistungen werden unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Die in Satz 1 genannten Leistungserbringer können die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung oder Dritte gegen Aufwandsersatz mit der Abrechnung von nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 vereinbarten oder durch Rechtsverordnung nach Absatz 4 bestimmten Leistungen beauftragen. Die Prüfung der Abrechnung und der Wirtschaftlichkeit sowie der Qualität der Leistungserbringung erfolgt durch die Krankenkassen, die hiermit eine Arbeitsgemeinschaft oder den Medizinischen Dienst beauftragen können. § 295 Absatz 1b Satz 1, § 295a und § 301 Absatz 1 und 2 gelten für die jeweiligen in Satz 1 genannten Leistungserbringer entsprechend.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die spezielle sektorengleiche Vergütung und die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zu vereinbarenden
Leistungen zu bestimmen, soweit eine Vereinbarung der Vertragsparteien nach Absatz 1 Satz 1 oder eine Anpassung nach Absatz 2 Satz 2 ganz oder teilweise nicht oder nicht fristgerecht zustande gekommen ist. Zur Vorbereitung einer Regelung nach Satz 1 sind die einzelnen in Absatz 1 Satz 1 genannten Vertragsparteien, der Bewertungsausschuss für die in §
87 Absatz 1 Satz 1 genannten ärztlichen Leistungen, der nach § 87 Absatz 5a Satz 1 ergänzte Bewertungsausschuss, das in § 87 Absatz 3b Satz 1 genannte Institut und das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus verpflichtet, dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten.

 

(5) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Vertragsparteien evaluieren die Auswirkungen der speziellen sektorengleichen Vergütung auf die Versorgung der Versicherten, auf die Vergütungen der Leistungserbringer sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen auf der Grundlage nicht personenbezogener Leistungsdaten in einem Abstand von jeweils 18 Monaten und legen dem Bundesministerium für Gesundheit, erstmals am 1. April 2024, einen Bericht über das Ergebnis der Evaluation vor.“

 

Zitat des Bundesgesundheitsministeriums:

 

Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/regierungskommission-legt-krankenhauskonzept-vor.html

 

Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen (Leveln)

 

Die Krankenhausstrukturen in Deutschland sind historisch gewachsen. Jedes Krankenhaus unterhält unterschiedliche Fachabteilungen und bietet unterschiedliche Leistungen an. Künftig sollen Krankenhäuser in drei konkrete Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden:

 

Grundversorgung – medizinisch und pflegerische Basisversorgung, zum Beispiel grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle.

 

Regel- und Schwerpunktversorgung – Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen anbieten.

 

Maximalversorgung – zum Beispiel Universitätskliniken.

Für jedes Level sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen gelten. Damit würden erstmals einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten – und damit die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten maßgeblich erhöht werden.

 

Den Krankenhäusern des Levels I wird eine besondere Bedeutung zugemessen. Sie müssen flächendeckend eine wohnortnahe Versorgung garantieren. Sie werden daher unterteilt in Krankenhäuser, die Notfallversorgung sicherstellen (Level I n) und solche, die integrierte ambulant/stationäre Versorgung anbieten (Level I i). Krankenhäuser des Levels I i soll eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Überwindung der zu häufig noch stationärer-ambulant getrennten Gesundheitsversorgung zukommen. Deshalb empfiehlt die Regierungskommission, sie sektorenübergreifend regional zu planen, sie vollständig aus dem DRG-System herauszunehmen und über Tagespauschalen zu vergüten. Zudem soll durch entsprechende gesetzliche Änderungen ermöglicht werden, dass sie unter pflegerischer Leitung stehen können.

 

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